Eva-Maria Beck vom Marketingatelier Beck

Brauchen kleine Unternehmen, Freiberufler & Selbst­ständige eine barriere­­freie Website?

Eva-Maria Beck
17.06.2025

Ab dem 28. Juni 2025 gilt in Deutschland das Barrierefreiheits­stärkungsgesetz (BFSG), das die EU-Richtlinie zur Barrierefreiheit umsetzt und auch für Websites gelten kann.

Die Unsicherheit ist groß – welche Websites sind überhaupt vom BFSG betroffen? Mit diesem Blog­beitrag möchte ich über das Barriere­­freiheits­stärkungsgesetz (BFSG) aufklären und der Frage auf den Grund gehen, inwieweit die Websites von Frei­beruflern, Selbst­ständigen und kleinen Unter­nehmen davon betroffen sind.

Hinweis: Der Blogbeitrag soll einen Überblick geben und ersetzt keine Rechts­beratung. Im Zweifel lassen Sie sich besser anwalt­lich beraten.

Inhaltsverzeichnis

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Was versteht man unter einer barriere­freien Website?

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Was ist der Unterschied zwischen einer barriere­­freien und einer benutzer­freundlichen Website

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Welche Gesetze und Richt­­linien gibt es zur Barriere­­freiheit von Websites?

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Welche Websites betrifft das neue Barriere­freiheits­­stärkungs­­gesetz (BFSG) konkret?

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Wie ermittelt man die Anzahl der Mitarbeiter bei Kleinst­­unternehmen?

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Sie sind sich noch unsicher, ob Sie eine barriere­freie Website brauchen?

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Was ich meinen Kundinnen und Kunden rate

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Warum sollten auch kleine Unter­­nehmen eine barriere­­freie Website haben?

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Welche Menschen sind auf barriere­­freie Websites angewiesen?

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Welche Anforderungen muss eine barriere­freie Website erfüllen?

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Fazit

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Quellen & weiter­führende Links

Was versteht man unter einer barriere­freien Website?

Eine Website ist dann barrierefrei, wenn sie für Menschen mit Behinderungen ohne besondere Erschwernis und ohne fremde Hilfe zugänglich und nutzbar ist.

Was ist der Unterschied zwischen einer barriere­freien und einer benutzer­freundlichen Website?

Eine barrierefreie Website und eine benutzer­freundliche Website sind nicht dasselbe – nicht jede benutzer­freundliche Website ist auch automatisch barriere­­frei.

Eine benutzerfreundliche Website ist so konzipiert, dass sie für die Benutzer gut und intuitiv zu bedienen ist. Während eine barrierefreie Website darauf ausgerichtet ist, auch für Menschen mit Einschrän­kungen und Behinderungen zugänglich und nutzbar zu sein.

Welche Gesetze und Richt­linien gibt es zur Barriere­freiheit von Websites?

Das Barriere­freiheits­stärkungs­gesetz (BFSG) setzt die EU-Richtlinie zur Barriere­freiheit (European Accessibility Act – kurz EAA) in Deutschland um und tritt am 28. Juni 2025 inkraft.

Das BFSG legt fest, dass bestimmte Produkte und Dienst­leistungen ab dem 28. Juni 2025 barriere­frei hergestellt und angeboten werden müssen. Somit sind auch sehr viele Betreiber von Websites betroffen und müssen ihre Websites barriere­frei gestalten. Das BFSG verweist für Websites auf die Anforderungen der Web Content Accessibility Guidelines (WCAG).

Die WCAG weist drei Konformitäts­stufen auf (A, AA, AAA). Derzeit gilt eine Website als barriere­frei, wenn sie die Vorgaben der Konformitäts­stufe AA erfüllt.

Welche Websites betrifft das neue Barriere­freiheits­stärkungs­gesetz (BFSG) konkret?

Das BFSG gilt u.a. für alle Websites, die Dienst­leistungen und Produkte im elektronischen Geschäfts­verkehr anbieten und sich an End­verbraucher richten.

Dazu zählen z. Bsp. Online-Shops, die Produkte an End­verbraucher verkaufen, aber auch Websites von Dienst­leistern, die sich an End­verbraucher richten und eine Interaktions­möglichkeit anbieten (z. B. Kontakt­formular, Termin­buchung).

Websites, die sich rein an Geschäfts­kunden wenden (Business to Business) oder Websites von Privat­personen fallen dagegen nicht unter das BFSG.

Wenn Sie also einen Online-Shop betreiben, gilt für Sie das BFSG. Ob die angebotenen Produkte unter das BFSG fallen, ist nicht relevant.

Wenn Sie eine Website betreiben, die sich an Endverbraucher richtet und Sie Interaktionsmöglichkeiten auf Ihrer Website anbieten (z. B. ein Kontaktformular, eine Termin­buchung, ein Buchungs­formular), dann zählt dies zum elektronischen Geschäfts­verkehr und Ihre Website fällt unter das BFSG. Ob die von Ihnen angebotenen Dienst­leistungen unter das BFSG fallen, ist hingegen nicht relevant.

Doch es gibt eine wichtige Ausnahme:

Kleinstunternehmen, die Dienst­­leistungen erbringen, sind vom Anwendungs­­bereich des Gesetzes ausge­nommen (§ 3 Absatz 3 BFSG).

Kleinstunternehmen sind Unternehmen, die weniger als 10 Mitarbeiter beschäftigen und einen Jahres­umsatz oder eine Jahres­bilanz­summe von maximal zwei Millionen Euro erzielen (Artikel 2, Nr. 17 BFSG).

Aber Achtung: Für Kleinst­unternehmen, die Produkte herstellen, gilt diese Ausnahme­regelung nicht.

Beispiel „Friseur“

Zur Verdeutlichung zitiere ich ein Beispiel des Bundes­ministeriums für Arbeit und Soziales aus den Leitlinien für die Anwendung des Barriere­freiheits­stärkungs­gesetzes:

„Das Friseurgeschäft Muster­haare betreibt ein Geschäft mit mehr als 10 Mitarbeitern und einem Jahres­umsatz von mehr als 2 Millionen Euro. Es handelt sich bei dem Unter­nehmen demnach nicht um ein Kleinst­unternehmen im Sinne des § 2 Nummer 17 BFSG. Auf der Webseite des Unter­nehmens können die Kunden Termine buchen und Haar­pflege­produkte kaufen. In § 1 Absatz 2 werden Haar­pflege­produkte nicht genannt, in § 1 Absatz 3 wird die Friseur­dienst­leistung nicht erfasst. Dennoch muss das Unter­nehmen Musterhaare die Barriere­freiheits­anforderungen beachten. Denn es betreibt über die Webseite sogenannte „Dienst­leistungen im elektronischen Geschäfts­verkehr“… Hierunter fallen sowohl der Verkauf der Haar­pflege­produkte (e-Commerce) als auch die Buchung der Termine. Die gesamte Webseite inklusive Check-out ist nach den Vorschriften des BFSG barriere­frei zu gestalten.“

Ein weiteres Beispiel:

Ein Friseur (mit einer „normalen“ Website ohne Online-Shop) mit weniger als 10 Mitarbeitern und einem Jahres­umsatz von weniger als zwei Millionen Euro bietet seinen Kunden die Möglich­keit, direkt auf seiner Website die Termin­e zu buchen. Da der Friseur als Kleinst­unternehmen gilt, muss die Website nicht barriere­frei sein.

Beispiel „Zahnarzt“:

Nehmen wir an, ein Zahnarzt hat mehr als 10 Mitarbeiter und einen Jahres­umsatz von mehr als zwei Millionen Euro. Auf der Website befindet sich ein Tool zur Termin­­buchung. Infolge­dessen muss die gesamte Website des Zahnarztes laut BFSG barriere­frei gestaltet sein.

Angenommen, der gleiche Zahnarzt verlinkt nun für die Termin­buchung auf einen Dritt­anbieter (z. B. Doctolib), sodass die Termin­buchung auf der Website des Dritt­anbieters statt­findet. In diesem Fall geht die Bayerische Landes­zahnärzte­kammer davon aus, dass die Website nicht unter das BFSG fällt.

Wie ermittelt man die Anzahl der Mitarbeiter bei Kleinst­unternehmen?

Die Mitarbeiterzahl ermittelt sich nach Empfehlung der EU Kommission aus der Zahl der während eines Jahres beschäftigten Voll­zeit­arbeitnehmer und der anteilig zu berück­sichtigen Teilzeit­beschäftigten, Zeit­arbeits­kräfte und Saison­arbeitenden. Auszubildende und Mitarbeiter im Mutterschafts- oder Eltern­urlaub sind dabei nicht zu berück­sichtigen.

Sind Sie sich unsicher bei der Berechnung der Mitarbeiter­zahl und spielt dies möglicher­weise eine Rolle, so empfehle ich Ihnen, sich anwalt­lichen Rat einzuholen.

Sie sind sich noch unsicher, ob Sie eine barriere­freie Website brauchen?

Dann können Sie online den BFSG Check machen und selbst kostenlos prüfen, ob Sie vom Barriere­freiheits­stärkungsgesetz betroffen sind.

Was ich meinen Kundinnen und Kunden rate

Fällt eine Website unter das BFSG, so rate ich meinen Kundinnen und Kunden, die Website bald­möglichst barriere­frei zu machen. Dafür sind in der Regel einige technische Änderungen notwendig.

Doch selbst wenn Ihre Website nicht vom BFSG betroffen ist, empfehle ich Ihnen, die Website barrierefrei zu gestalten.

Warum?

Warum sollten auch kleine Unter­nehmen eine barriere­freie Website haben?

Ihr Unternehmen zeigt gesell­schaftliche Verant­wortung

Laut Statistischem Bundesamt haben 7,9 Millionen Menschen in Deutschland (9,3 Prozent der Gesamt­bevölkerung) eine schwere Behinderung und sind auf barriere­freie Websites angewiesen. Auch wird unsere Gesell­schaft immer älter, sodass der Bedarf nach barriere­freien Websites steigen wird und eine barrierefreie Website zum Wettbewerbs­vorteil werden kann.

Sie können es auch als Zeichen von sozialer Verantwortung sehen, wenn Sie Ihre Website barriere­frei gestalten obwohl Sie es nicht müssten.

Doch es gibt noch einen weiteren sehr wichtigen Punkt, der dafür spricht, die eigene Website barrierefrei zu gestalten. Auch wenn man das vielleicht vom Gesetz her gar nicht unbedingt müsste.

Barrierefreie Websites werden von Google bevorzugt

Seit einiger Zeit lässt sich beobachten, dass die Such­maschinen barriere­freie Websites bevorzugen und mit einem besseren Ranking belohnen. So weist Google in den Page Speed Insights mittlerweile einen eigenen Score für die Barriere­freiheit einer Website auf.

Sie haben einen Wettbewerbs­vorteil

Indem Sie Ihre Website barriere­frei gestalten, wird Ihre Website benutzer­freundlicher und Sie erreichen einen größeren Nutzer­kreis. Ein klarer Wettbewerbs­vorteil für Sie. Außerdem können Sie mit Ihren Mitbewerbern mithalten, falls diese unter das BFSG fallen.

Barrierefreiheit betrifft uns alle

Wir neigen dazu, zu denken, dass eine barriere­freie Website nur für Menschen mit Behinderung wichtig ist. Aber ist das wirklich so? Was ist mit älteren Menschen, die in Ihrer Fein­motorik eingeschränkt sind? Was ist mit Menschen, die temporär eingeschränkt sind, beispiels­weise durch einen Gipsarm?

Es gibt viele Situationen, in denen wir alle von Barriere­freiheit im Web profitieren.

Barrierefreiheit geht uns alle an.

Welche Menschen sind auf barriere­freie Websites angewiesen?

  • Menschen mit Sehbehinderungen (Seh­schwäche, Farben­blindheit, Blind­heit). Seh­behinderte Menschen nutzen oft Screen­reader, um sich Websites vorlesen zu lassen. Alternativ­texte für die Bilder, ausreichend große Schriften und gute Farb­kontraste sind hier wichtig.
  • Menschen mit Hörbeein­trächtigungen (Taube, ältere Menschen mit oder ohne Hörgeräte). Diese Menschen benötigen beispiels­weise Unter­titel bei Videos.
  • Menschen mit motorischer Einschränkung (z. Bsp. durch Querschnitts­lähmung oder durch eine Nerven­krankheit, wie z. B. Parkinson). Ausreichend Abstände oder Navigation mit der Tastatur können hier beispiels­weise helfen.
  • Ältere Menschen mit alters­bedingten Einschränkungen (schlechtes Sehen, schlechtes Hören, Augen­krankheiten wie Grauer Star, motorische Einschränkungen durch Krankheiten wie Parkinson)
  • Menschen mit eingeschränkter Geschicklichkeit (Gipsarm, ältere Menschen, Menschen mit Baby oder Tüten im Arm). Ausreichend Abstände, klare Strukturen, gut bedienbare Buttons und Formulare helfen hier.
  • Menschen mit kognitiven Einschränkungen (z. B. Lese-Rechtschreib-Schwäche) oder Sprach­barrieren benötigen klare, leicht verständliche Texte ohne Fachbegriffe und eine einfache Navigation.
  • Menschen, die sich in öffentlichen Verkehrs­mitteln, an anderen öffentlichen Orten (z. B. am Arbeits­platz) oder in sehr lauter Umgebung (z. B. Baustelle) befinden. Hier sind Videos mit Unter­titeln, einer Kurz­beschreibung oder einer Transkription sehr angenehm.
  • Menschen, die sich in einer sehr hellen oder sehr dunklen Umgebung befinden (z. B. Sonne oder Tunnel). Gute Kontraste sind hier von Vorteil.

Welche Anforderungen muss eine barriere­freie Website erfüllen?

Um als barrierefrei im Sinne der Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) zu gelten, muss eine Website eine Vielzahl von Anforderungen inhaltlicher und technischer Art erfüllen.

Beispiele:

  • Textalternativen für Bilder
  • Untertitel für Videos
  • Bedienbarkeit mit der Tastatur
  • Ausreichend Kontraste
  • ARIA-Labels für Screenreader

Falls Ihre Website bereits für die Such­maschinen optimiert wurde – wie das bei den von mir erstellten Websites der Fall ist – dann wird Ihre Website bereits zum großen Teil barriere­frei sein. Falls Sie sich nicht sicher sind, ob Ihre Website den gesetz­lichen Anforderungen genügt, dann melden Sie sich bei mir!

Fazit

Meiner Meinung nach ist eine barriere­freie Website eine gute Investition für jedes Unter­nehmen. Denn mit einer barriere­freien Website zeigt Ihr Unter­nehmen soziale Verantwortung, was die Reputation Ihres Unternehmens stärkt. Weitere strategische Vorteile sind bessere Rankings bei Google, das Erreichen einer breiteren Nutzer­gruppe und zufriedenere Kunden.

Quellen & weiterführende Links

Barrierefreiheits­stärkung­gesetz

EU-Richtlinie zur Barriere­freiheit (European Accessibility Act – kurz EAA)

Web Content Accessibility Guidelines (WCAG)

eRecht24 – Barriere­freiheits­stärkungs­gesetz

Aktion Mensch – Barrierefreie Website

Bundesministerium für Arbeit und Soziales: Leitlinien für die Anwendung des Barriere­freiheit­sstärkungs­gesetzes

Informationen der Bundesfachstelle Barrierefreiheit

Informationen des Beauftragten der Bundesregierung für Informationstechnik

Wer schreibt hier?

Hi, ich bin Eva-Maria Beck. Als Web­designerin und Marketin­g­­profi unter­stütze ich Freiberufler und kleine Unternehmen dabei, online sichtbar zu werden. Mit meinen Marketing-Tipps möchte ich meine Expertise weitergeben und schreibe über Wissenswertes aus dem Online-Marketing.

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Autor

Eva-Maria Beck

Hi, ich bin Eva-Maria Beck. Als Web­designerin und Marketin­g­­profi unter­stütze ich Freiberufler und kleine Unternehmen dabei, online sichtbar zu werden. Mit meinen Marketing-Tipps möchte ich meine Expertise weitergeben und schreibe über Wissenswertes aus dem Online-Marketing.

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